Donnerstag, 31. Juli 2008

Rauchverbot

Seit Anfang des Jahres gibt es - insbesondere für Wirtschaften und Restaurants - so viele Rauchverbots-Gesetze, wie es Länder gibt, das heißt: so viele, wie es Autonome Regionen in Spanien gibt, das heißt: mehr oder weniger 17. Während es aber nur eines einzigen Gesetzes bedurfte, um in Spanien diese Angelegenheit zu regeln, meinte man hier, daß der föderale Charakter des Landes jeweils ein Gesetz pro Land nötig machte.

Selbstverständlich gab es gegen die neuen Gesetze diverse Einsprüche. Heute gab das Bundesverfassungsgericht diesen Klagen recht. Ohne in Details einzutreten: fast alle in den Ländern erlassenen Gesetze wurden verworfen, da sie die Wirtschaften und Restaurants nicht gleich behandelten; einzig das Gesetz Bayerns, weil das klarste und und konsequenteste und, was die Gastronomie angeht, alle gleichbehandelnde, fiel nicht durch.

Die Raucher (und die, die die Lokale führen, die vor allem von ihnen leben) beinahe aller Länder frohlockten und kehrten am Tag, der dem Verfassungsgerichtsurteil folgte, zu ihren alten Gewohnheiten zurück.

Nicht so in Bayern: dort machten sie es nicht so wie in Spanien (sich nicht um das Rauchverbot scherend), sondern von Anbeginn an erfanden sie die Raucherclubs: der Zugang zu den Wirtschaften wurde auf deren Mitglieder beschränkt.

Eine Kneipe bei der Münchner Großmarkthalle hat dieses Schild an seiner Tür hängen:

Aber auch Lokale höheren oder hohen Niveaus greifen auf diese Tricks zur Umgehung des Gesetzes und der hiner ihm stehenden Idee zurück; sogar der zentrale Sitz der berühmten Löwenbräu-Brauerei läßt an den Türen seiner Gestronomie lesen:

Hier mehr zum sogenannten "Verein zum Erhalt der bayerischen Wirtshauskultur: (VEBWK).

Allgemein läßt sich sagen, daß gehobenere Lokale dem Gesetz gerecht werden, während eher durchschnittliche oder sehr schlichte Lokale ihm aus dem Wege gehen und sich zu Raucherclubs erklären.

Für mich, der, wenn er Lust auf ein Bier hat, sich nicht immer auf Lokale höheren Niveaus beschränken will, bedeutet diese Starrsinnigkeit der Wirtschaften geringerer Kategorie, ihren dem Rauchen zugetanen Kunden um jeden Preis gerecht zu werden, eine spürbare Reduktion der Einkehrmöglichkeiten, da ich in eine als Raucherklub deklarierte Wirtschaft einzutreten mich weigere.

Freitag, 25. Juli 2008

Luxemburger Feinstaub-Urteil

Die Presse informiert, daß der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (mit dem Sitz in Luxemburg) folgendes entschieden hat: Jeder Bürger hat das Recht, gerichtlich gegen die Verwaltung vorzugehen, um sie dazu zu verpflichten, Maßnahmen zu ergreifen, um eine Norm der Europäischen Union zum Feinstaub zu erfüllen.

Vom Feinstaub wird in Deutschland schon jahrelang gesprochen. Die Norm der EU sagt, daß dann Maßnahmen zugunsten der Gesundheit der betroffenen Menschen ergriffen werden müssen, wenn an einem bestimmten Ort die Feinstaubbelastung in einem Jahr an mehr als den in der Norm definierten Zahl von Tagen die in der Norm definierte Höchstgrenze überschreitet.

In München gibt es einige Straßen mit einem erhöhten Verkehrsaufkommen, in denen während vieler Tage (mehr als den in der EU-Norm genannten) die Feinstaubbelastung größer als der in der EU-Norm als zulässig bezeichnete Wert ist. Es war offensichtlich, daß an diesen Stellen die Belastung dem intensiven Auto- und Lastwagenverkehr zuzuschreiben war.

Eine der belastetsten Straßen ist die Landshuter Allee, durch die ich früher jeden Tag mit dem Fahrrad auf dem Weg zur Arbeit fuhr; und genau in dieser Straße wohnt der Herr, der sich an das Luxemburger Gericht wandte, damit man in seinem Wohnumfeld der gültigen europäischen Norm zur Wirklichkeit verhelfe.

Die Landshuter Allee mit Blick nach Norden, stadtauswärts:

Und nach Süden blickend, stadteinwärts:

Aber wie man weiß - dieses Thema ist sakrosankt! Das heißt: Man machte nichts in dieser Angelegenheit; die Automobilindustrie hat bekanntlich einen sehr großen Einfluß auf politische Entscheidungen, und dies vor allem in München, wo die Firma BMW ihren Sitz hat.

Entsprechend fiel die Reaktion des Bürgermeisters auf das Luxemburger Urteil aus: Er sagte, daß man nach anderen Verursachern als den Wohnviertel durchquerenden Autos und Lastwagen suchen müsse, und daß man andere politisch verantwortliche Stellen ansprechen müsse, nicht gerade die Rathäuser ...

Mal sehen, wofür diese Ausflüchte gut sind, wenn sie vor den örtlichen Gerichten präsentiert werden.

Donnerstag, 24. Juli 2008

Wahlkampf in Berlin

Am Wochenende 19./20. Juli befand sich Münchens Zentrum im Ausnahmezustand: das gesamte Zentrum ohne Autos (ideal für die Fahrradfahrer!), voll in festlicher Stimmung der Feier des 850. Stadtgeburtstages wegen. Und in dieser nicht extrem großen Stadt von 1,3 Mio. Einwohnern nahmen der Presse zufolge tatsächlich 700.000 Personen an diesen Festivitäten teil, die nicht einer Tradition folgen, sondern von der Stadtverwaltung beschlossen und von den Medien wunschgemäß gefördert wurden. Absurd, weil es gerade in dieser Stadt kein Motiv gibt, sich nur einen einzigen Tag des Jahres zu langweilen, des großen Angebots an Aktivitäten jeder Art wegen, die man zur Auswahl hat.

Nun, es scheint, daß es den Leuten gefällt, in Massen zu bestimmten Veranstaltungen zu strömen: Wie kann es man sich sonst erklären, daß heute zur Rede eines Kandidaten zur Präsidentschaft der USA in Berlin mehr als 200.000 Personen kamen!? Egal wer kommt, sei es der Papst oder der Dalai Lama oder wer auch immer: einmal die entsprechende Kampagne der Medien in Gang gesetzt, kann man mit mindestens Zehntausenden von Teilnehmern am Ereignis rechnen ...

Mittwoch, 16. Juli 2008

Hofklatsch

Die 12 Jahre, die ich in München wohne, war ich neugierig auf ein Schloß (von so vielen, die es in München und Umgebung gibt), das Fürstenried heißt und das man auf der Karte in nur wewenigen Kilometern Entfernung von meiner Wohnung gelegen sieht. Aber bis jetzt fehlte mir die Gelegenheit es aus der Nähe zu sehen; heute jedoch beschloss ich, weil das Wetter zu einem Ausflug mit dem Fahrrad einlud, zu dem Schloß zu fahren. Als ich dort ankam, überraschte mich die Diskretion, die dieses Schloß umgab: einzig ein Wegweiser mit der Aufschrift "Exerzitienhaus" wies am Ende den Weg dorthin.

Als ich um den (allerdings sehr ungünstig ganz dicht an der Autobahn gelegenen) Schloßkomplex herumfuhr, sah ich eine offene Pforte und fuhr hinein, und fand mich danach in einem kleinen Palastgarten. Bald erschien aber ein Wärter und frug mich nach meinem Ziel. Ich sagte ihm, daß ich keins hätte und nur die Höfe und Gärten des Schlosses kennenlernen wollte. Er antwortete, daß das nicht sein könne, weil die Leute im Schloß ihre Ruhe bräuchten, und daß man am 14. September, am Tag der Offenen Tür, alles sehen könne.

Also verließ ich den Platz und ging meinen Vermutungen nach: das muß eine Einrichtung des Opus Dei sein, nach dem, was man vom "Werk" weiß, nämlich daß es vorzieht, auf möglichst unsichtbare Weise auf die öffentlichen Angelegenheiten Einfluß zu nehmen.

Ich irrte mich: zu Haus angekommen unterrichtete ich mich davon, daß das, was sich so knapp Exerzitienhaus nennt, eine Einrichtung des Erzbistums München und Freising selbst ist. Obgleich ich nicht verstehe, warum das Erzbistum, dessen Präsenz im öffentlichen Leben dieser Stadt offensichtlich ist, sich beim Schloß Fürstenried nicht zu erkennen gibt, ist es bis hier sagen wir mal normal.

Aber ein oder zwei Tage später las ich in einem Gratisblatt meines Stadtteils, dem Sendlinger Anzeiger:

Für die Anfang August geplante Hochzeitsfeier von Dominic Stoiber, dem Sohn des ehemaligen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber, hat das Erzbischöfliche Ordinariat Räume im Exerzitienhaus Schloss Fürstenried zur Verfügung gestellt. Dies bestätigte der für das Exerzitienhaus zuständige Domkapitular Josef Obermaier. Er habe eine Ausnahmegenehmigung erteilt, um die ihn Karin Stoiber, Mutter des Bräutigams, gebeten hatte. Ähnliche »ausdrückliche Ausnahmegenehmigungen« habe es schon gegeben, so für Tagungen und Empfänge von Firmen oder für Veranstaltungen mit der Staatsoper. Wegen der Ausrichtung des Schlosses als Exerzitienhaus werde es bei den wenigen Ausnahmen bleiben, bekräftigte das Ordinariat. Obermaier betonte, dass für die Hochzeit des Stoiber-Sohnes keinerlei Kosten zu Lasten der Kirche gingen. »Ich habe keinen Grund gesehen, der Familie eines unstrittig um das Land hochverdienten Politikers die Bitte um eine Ausnahmegenehmigung zu verweigern«, sagte der Domkapitular. job
### Zitat Ende ###

Die gehobenere Presse kümmert sich nicht viel um diese Angelegenheit; im Kontext eines Berichtes über die Abschiedsfeier des bisherigen Präsidenten des bayrischen Parlaments wird sie eher beiläufig behandelt, und zwar in der Süddeutschen Zeitung (17.7.2008):

"Gelästert wurde allerdings viel über das royale Verhalten der bisherigen „First Family” Stoiber. Anlass war die Hochzeit von Stoiber-Sohn Dominic, der seine Freundin Anfang August mit einem pompösen Fest in Theatinerkirche, Residenz und Fürstenried zu ehelichen gedenkt. Die Stoibers erhalten für die exklusiven Schauplätze problemlos alle Ausnahmegenehmigungen."
### Ende des Zitats ###

Wie zu erwarten, behandelt die Trivial- oder Regenbogenpresse die Sache ausführlicher: Zum Beispiel die Abendzeitung (11.7.2008).

Zusammenfassend: eine ganze Lektion darüber, wie das Zusammenspiel von politischer Macht und Kirche zu funktionieren fortfährt, und wie ein gewisser Teil von Politikern sich nach Formen der Zurschaustellung ihrer Macht sehnt, die denen der glücklicherweise vor 90 Jahren abgeschafften Monarchie eigen sind.

Freitag, 11. Juli 2008

Munderkingen (Stadt und Bahnhof)

Reise nach Freiburg im Breisgau. Statt den schnellen Zug über Stuttgart und Karlsruhe zog ich den Weg über ruta langsamere und schönere Strecke vor: erst nach Ulm, und von dort stets entlang der Donau bis Donaueschingen (wo die Donau entspringt) - eine wunderbare Fahrt!

Täglich gibt es von 5:54 h bis 19:12 h mindestens alle 2 Stunden Zugverbindungen von Ulm zur Donauquelle und darüberhinaus, nach Neustadt im Schwarzwald, von wo aus in wenig mehr als einer halben Stunde der Zug in die Rheinebene herunterfährt und Freiburg erreicht.

Wir beschlossen, in Munderkingen, etwa eine halbe Bahnstunde hinter Ulm, auszusteigen, um dort mit dem mitgeführten Wein, Käse und Schinken neben einem Brunnen, den man in solch einer kleinen Stadt erwartet, zu Mittag zu essen und 2 Stunden später den nächsten Zug nach Donaueschingen und in den Schwarzwald zu nehmen.

So gab es also Zeit, die Stadt Munderkingen etwas kennenzulernen, eine Stadt, von der ich nie vorher etwas gehört hatte, die aber nichtsdestotrotz sehr reich an sehenswerten Dingen ist.- Gleich zu Beginn sieht man eine Pflanzung des für die Bierproduktion zentral wischtigen Hopfens:

Ansonsten hat diese Stadt alles, was auch so viele andere deutsche Städte dieser Charakteristik haben - einen zentralen Platz mit Brunnen, Fachwerkhäuser etc.:

Schließlich die St.-Dionysius-Kirche mit einem Seiteneingang

und einem sehr seltsamen Detail dort:

... ein vom Körper abgetrennter Bischofskopf, der von einem anderen Bischof auf einem Buch serviert wird - was mir als Bibliothekar sogar noch weniger gefällt. (Bis jetzt vermochte ich noch nicht zu ermitteln, welche Legende hinter dieser Darstellung steht).

Nach dieser Pause geht es zurück zum Bahnhof, der sehr großzügig angelegt und sogar noch (am Schalter) von einer Person bedient wird, der aber ansonsten bereits leicht vernachlässigt ist:

Der Bahnhof wurde vor 138 Jahren erbaut, d.h. 1870:

Links sieht man gut angelegte Abstellanlagen, auf denen Fahrräder vor dem wetter geschützt untergestellt werden können.

Hier beginnt die Vernachlässigung:

Die Öffnungszeiten des Schalters sind arg fragmentiert, und um in den Bahnhof zu gelangen, reicht nicht mehr die hergebrachte Eingangstreppe, die sich vor 138 Jahren der Architekt ausgedacht hatte.

Die Bahnhofshalle (zugleich Wartesaal) ist wenig einladend, aber zuzugeben ist, daß es nicht wenige Bahnstationen gibt, die entweder überhaupt keinen Raum dieser Art besitzen oder die noch viel schäbiger sind:

Was tröstet und mit den Umständen versöhnt, ist, daß der Zug am Ende mit einer erträglichen Verspätung dann doch kommt:

Mittwoch, 9. Juli 2008

Anti-CO2-Wälder

Beim Aufräumen von Papier (Zeitungsausschnitte usw.) stieß ich auf einen in EL PAÍS am 19. April dieses Jahres erschienenen Artikel, den ich hier wiedergebe:

Um ihn größer und besser lesbar werden zu lassen, bitte draufklicken!

Hier für den, der des Castellano nicht mächtig ist, eine auszugsweise Übersetzung:

Untertitel der Notiz:

VW bietet die Möglichkeit an, Bäume zu pflanzen, um die Emissionen des Autos zu neutralisieren

Inhalt:

Jeder gepflanzte Baum wird etwa 300 kg CO2 während seiner ersten 40 Wachstumsjahre absorbieren...

... der Kunde muß zu einem VW-Konzessionär gehen und die CO2-Menge angeben, die er zu neutralisieren wünscht, oder, was dem gleichkommt, die Kilometerzahl angeben, die er zurückzulegen gedenkt. ... Die Automarke hat Tabellen entwickelt, die dem Modell und seinem Verbrauch Rechnung tragen und die die Zahl der Bäume anzeigen, die notwendig sind, um seine Emissionen zu neutralisieren. Bei einem Golf z.B. muß man 10 Bäume pflanzen, um die ersten 20.000 km abzudecken ... Auf der Seite www.movimientobluemotion.com kann man für jedes VW-Modell das Verhältnis von Kilometern und Bäumen feststellen, und auf www.volkswagen.es die Tarife ...Beim Golf kostet das Pflanzen von 10 Bäumen 190 Euros. ... Nach Abschluß dieser Operation bekommt der Kunde ein Zertifikat über sein Eigentum an den Bäumen, und seinem Auto verpaßt man ein Abzeichen (siehe das kleine Photo), das es als ein sauberes Fahrzeug identifiziert.

### Schluß der auszugsweisen Übersetzung ###

Als ich im April diese Nachricht las, erschien sie mir wie ein Scherz. Später aber bemerkte ich daß auf den Seiten dieser wunderbaren movimiento-blue-motion ("Bewegung für blaue Bewegung" oder so), auf die auch eine Seite der doch wohl ernstzunehmenden spanischsprachigen Seite des deutschen Volkswagenwerks verweist, die Sache durchaus mit Ernst behandelt wird.- Angesichts des jüngst deutlich gewordenen Mangels an Effektivität der Konferenz der G-8 in Japan neige ich dazu, es mehr als Obszönität als als Witz anzusehen.

Ich suchte diese Seiten (die des in spanischer Sprache so genannten "movimiento de movimiento azul") auf den deutschen und englischen Internetseiten des Volkswagenwerkes, um sie meinen des Castellano unkundigen deutschen Freunden zeigen zu können, aber vergeblich. Ich rief daraufhin das Kontakttelephon des Volkswagenwerkes an - und, das muß man wirklich anerkennen, die Antwort erfolgte mit beeindruckender Schnelligkeit!

Der Dame am Kontakttelephon nannte ich die Adresse der fraglichen Seite und sie antwortete mir, daß es keine äquivalenten englisch- oder deutschsprachigen Seiten gibt. Meinen Zweifeln entgegnete sie mit der Erklärung, daß es sich bei den fraglichen Seiten um eine Initiative des Generalrepräsentanten oder -importeurs in Spanien handele, oder so etwas in der Art. Wir sprachen noch etwas mehr darüber, wer denn die letzte Verantwortung für diese Seiten trägt (auf jeder von ihr prangt ja das Signet von VW, und man weiß ja, wie geheiligt die Benutzung dieses Signets ist, und daß man das Recht, es auf seine Seiten zu setzen, nur dem einräumt, dessen Seiten voll dem Interesse der obersten Autorität eines solchen Unternehmens entsprechen), aber gut, da man weiß, in welcher Situation sich die Dame befindet, die Dich am Kontakttelephon bedient, fragt man sie natürlich nicht, warum man den Blödsinn, der spanischsprachigen Lesern zugemutet wird, englisch- oder deutschsprachigen Lesern von VW-Seiten oder vom Volkswagenwerk offensichtlich autorisierten Seiten vorenthalten wird ...

Montag, 7. Juli 2008

Im Zug von Aranda nach Madrid (16.4.2008)

Die Eisenbahnlinie von Burgos nach Madrid wurde 1968 eingeweiht. Heutzutage fährt nur noch ein Zug pro Tag, den wir am 16. April in Aranda de Duero nahmen, um nach dem Umsteigen in Madrid nach Alacant (Alicante) weiterzufahren.

Die Geschichte dieser Bahnlinie ist typisch für die chronische Vernachlässigung, die der Schienverkehr in Spanien erleidet. Die Festlegung der Trasse erfolgte, bereits in den 20er oder 30er Jahren, unter Berücksichtigung eines europäischen Kontextes als Teil der direktesten Verbindung zwischen Paris und Madrid. Und tatsächlich befuhren bis in die 80er Jahre täglich zwei aus Paris kommende Züge die Strecke, einer mit Halt in Aranda de Duero, der andere ohne Halt zwischen Burgos und Madrid.(klar, es gab ein anderes Paar von Zügen, die von Madrid nach Paris fuhren).- Außerdem verkehrten auf dieser Strecke (zwischen Burgos und Madrid) mehrere innerspanische Züge, unter ihnen zwei Paare von Nahverkehrszügen.

Aber damit war es nach der zweiten Hälfte der 80er Jahre vorbei. Ein Wunder ist's beinahe, daß noch ein einziger Zug pro Tag verkehrt (von Bilbao nach Madrid und umgekehrt, mit nur einem Halt zwischen Burgos und Madrid: Aranda de Duero).

Auf dem folgenden Photo sieht man, daß (in einer optimistischeren Epoche) die Tunnel in einer Breite geplant und gebaut wurden, die das Verlegen von zwei Gleisen zuließen, ein Plan, von dem man nach dem spanischen Bürgerkrieg abließ.

An einigen Stellen der Reise eröffnen sich eindrucksvolle Blicke, wie zum Beispiel hier beim Überfahren der Schlucht, die der Fluß Riaza (Nebenfluß des Duero) gebildet hat:

Während der Bauarbeiten stürzte ein Tunnel ein, und anschließend veränderte man die Trasse der Strecke, derart, daß sich heute dieser seltsame Anblick des Ausganges zweiter Tunnel ergibt:

Die Bahnstation von Maderuelo: verlassen und verfallen, ein Zustand, der typisch ist für viele der Bahnhofsgebäude zwischen Burgos und Madrid:

Bis tief in die 80er Jahre hinein hielten an diesem Bahnhof täglich 4 Züge, zwei nach Norden (Aranda de Duero, Burgos) und 2 nach Süden (Madrid) gehend. In meinen Ferien jener Jahre in Maderuelo bildete dieser Bahnhof ein bedeutendes Tor in die Welt außerhalb des Dorfes ...

ES ist April, und das erklärt das satte Grün des Feldes; im Hintergrund der Stausee von Linares (gefüllt vom Fluß Riaza):

Südlich des Guadarrama-Gebirges, Madrid schon sehr nahe, ist die Trasse der Hochgeschwindigkeitszüge zu sehen, die von Valladolid und Segovia kommen - die neue, hochmoderne und für ihre Benutzer teurere Struktur des spanischen Bahnnetzes ...

... der das alte und historische Netz der Zugverbindungen (das trotz all seiner Mängel seine Vorteile hatte) zu opfern man fortfährt.

Sonntag, 6. Juli 2008

Elx (19.4.2008)

Am 19. April Ausflug nach Elx (Elche), etwa 25 km südlich von Alacant. Leicht hinzukommen, da die Bahnverbindung ziemich gut ist. Wir waren so früh im Bahnhof, daß wir gut Zeit hatten, die Wartezeit auf angenehme Weise in der Bahnhofswirtschaft zu verbringen. Dabei wurde ich eines an die Tür der Wirtschaft geklebten Plakats gewahr, das eine leicht fehlerhafte Interpretation der Grammatik des Spanischen erkennen ließ:

Auf dem gegenüberliegenden Bahnsteig hielt währenddessen gerade der Zug nach Montpellier aus Cartagena, der gleiche Zug, den wir 2 Tage später nehmen würden, um nach Montpellier zu kommen:


Elx (Elche) ist eine großartige Stadt, die eine ausführlichere Reportage verdiente; Heute beschränke ich mich auf die Ausblicke, die man nach dem Aufstieg auf den Turm der Basílica de Santa María genießt: man sieht eine durch und durch levantinische Landschaft, mit Palmenhainen, so, wie ich sie mir an den asiatischen und afrikanischen Küsten des Mittelmeers vorstelle:

Samstag, 5. Juli 2008

Alacant (17.4.-20.4.2008)

Zeitsprung, fast drei Monate zurück: ich kehrte nach Jahren mal wieder nach Alacant (Alicante) zurück.

Von den vielen Gesichtern, die Alacant hat, ist das Viertel von St. Antón eins, das mir sehr gefällt. Deshalb begann der erste Tag in Alacant mit einem dortigen Rundgang.

Es stand zu befürchten, und deswegen darf man nicht gerade von einer Überraschung sprechen: die Lieblingswirtschaft, eine Wirtschaft mit Ambiente, andere würden sagen: eine heruntergekommene Kneipe, gibt es nicht mehr. Genauer gesagt: es wurde dort gebaut, und es war zu sehen, daß das, was dabei herauskommen wird, nicht mehr das sein wird, was es vorher mal war.

Ansonsten hält sich das Viertel noch ganz gut:

Hier muß man auf's Detail achten: "Es ist verboten zu verbieten".

Es gibt noch Häuser mit kubanischem Charme:

Am Rand des Viertels ist die Coca-Cola-Modernität nicht zu übersehen:

aber ihr müßt genau hinschauen um den Hahn zu sehen, den die Modernität noch nicht in die Flucht zu schlagen vermochte.

Für die, die dort Wohnungen kaufen: hoffen wir, daß die Adresse des Vermittlers (Straße der Enttäuschung) kein Omen bildet:

Von oben sieht man das Viertel St. Antón, und man erkennt, daß es des städtebaulichen Drucks wegen beinahe schon als verloren anzusehen ist.

Das Viertel Santa Cruz, unter der Burg Sta. Bárbara, hat es da besser, weil es am Burghang klebt und deshalb für Autoes weniger erreichbar ist:

Der Rundgang wird in der Altstadt fortgesetzt:


Zurück in das Viertel, in dem ich während der vergangenen Jahrzehnte mehr oder weniger kurze Zeit gelebt: als ich das letzte Mal vor 5 Jahren dort war, verabschiedete ich mich endgültig von dem Herrn der Bodega, in der ich den Wein kaufte, denn er kündigte an, nach 2 Jahren den Laden schließen zu wollen. Aber jetzt: Welch Überraschung - die Bodega war noch in Betrieb!

Aber nicht alles ist Nostalgie: ich war von der bedeutenden Verbesserung des öffentlichen Verkehrs beeindruckt, durch die nun das Stadtzentrum bestens mit dem nördlichen Küstenstrich durch eine Art S-Bahn verbunden ist, mittels eines Tunnels, der durch den Burgberg gebohrt wurde:

Vor diesem Fortschritt ist der Disput absurd, den ich mit einer Wachfrau des Unternehmens hatte, die mir das Recht absprach, dieses und andere Photos zu machen.

Es gibt noch weitere Bauarbeiten, um das städtische System des öffentlichen Verkehrs zu verbessern, vor allem eine Straßenbahnlinie zum Hauptbahnhof. Notwendig sind diese Arbeiten, denn die Autos bilden auch hier eine Plage; die, die ein Auto haben, sprechen schlecht von den Belästigungen, die diese Arbeiten mit sich bringen, und es steht zu fürchten, daß dort dasselbe wie in München passiert: perfektes System des öffentlichen Verkehrs, aber den Autofahrern ist's gleich und sie lassen den öffentlichen Verkehr große Teile des Tages fast leer verkehren.

Dienstag, 1. Juli 2008

Bürger gegen Moschee

Heute gab es im Briefkasten ein Flugblatt, das ich hier im Auszug wiedergebe:


Es sagt nichts darüber, warum es auf einem Platz gegenüber von Schulen nicht zwei Gotteshäuser verschiedener Religionen geben kann.- Auf diesem Anti-Moschee-Flugblatt firmiert eine sogenannte Bürgervereinigung "Bürger für Sendling". Wer ein wenig auf deren Seiten herumschaut, merkt, um welche Art von Christen es sich da handelt, oder von Katholiken, weil sie auch gern ihre Pfeile auf die Protestanten dieser Stadt abschießen.

Nun einen Blick auf den Platz, auf dessen Denkmalsgeschütztheit sich so stark die beziehen, die gegen die Kirche einer anderen Konfession an diesem Platze kämpfen:

Im Süden sieht man den Schulkomplex, tatsächlich von einer großartigen Architektur:

mit wirklich sehr feinen Details, Ausdruck der Epoche, in der die Erbauung stattfand:


Nach Westen blickend sieht man die Kirche St. Korbinian, aus dem vergangenen Jahrhundert, aber von einem Stil, der etwas anderes vermuten läßt und der bewirkt, daß man sich ein bißchen wie in Portugal fühlt:

Was mir auffällt, ist, daß der Blick auf den Altar in dieser Kirche nach Westen gerichtet ist, während es normal ist, daß sich der Altar im östlichen Teil des Kirchenschiffes befindet.- Aber das Eigentümlichste dieser Kirche ist die Kreuzigungsgruppe, wie man sie hier zwischen den Türmen dargestellt sieht:

Man sagte mir, daß diese Darstellung der Kreuzigung in dieser Höhe und draußen alles andere als üblich ist und sich deswegen nur an wenigen Stellen findet.

Nach Norden blickend sieht man einen gefällig sich ins Ensemble einfügenden Wohnblock; gen Osten schauend, d.h. genau dorthin, wo die Erbauung der Moschee vorgesehen ist, bietet sich heute dieses Bild:

Ein großer Parkplatz und im Hintergrund eine Wand mit einem aufgemalten Bild, das spüren läßt, daß man sich hier neben dem Großmarkt befindet, der in Europa an dritter Stelle hinter Paris und Mailand steht.

Ich meine, daß eine gutgebaute Moschee (es gibt schon den Entwurf der Architekten, und mir gefällt er) den Eindruck, den diese Seite des Platzes macht, nur besser werden lassen kann.

Die dahinterstehende politische Konstellation ist kompliziert: Der Oberbürgermeister der Stadt München setzt sich stark für den Bau der Moschee an diesem Platz ein. Die Landesregierung von Bayern, obgleich politisch ganz anders als der Oberbürgermeister orientiert, ist im Prinzip auch nicht gegen eine Moschee, ein wenig auch aus Gründen der Staatsräson, hätte sie aber gerne ein wenig kleiner und möglicherweise auch an einem anderen Ort. Schließlich gibt es auch noch die mächtige CSU, die auf die Sektoren ihrer Wählerschaft achten muß, die neuen Bewohnern ihrer Welt, die sie noch nicht als multikulturelle wahrnehmen, feindlich gegenüberstehen (im September werden Wahlen stattfinden!).