Donnerstag, 27. Oktober 2011

Ein Handbrevier für Hochstapler von Walter Serner

Das Goethe-Institut Madrid lädt so zur Präsentation eines Buches ein:

Walter Serner (eigentlich Walter Eduard Seligmann), geboren 1889 in Karlsbad/Böhmen war ein Essayist, Schriftsteller und Dadaist. Er starb 1942 im Vernichtungslager Maly Trostinez. Sein Manifest "Letzte Lockerung" gilt als einer der wichtigsten Dada-Texte.
Im Oktober 2011 erscheint im Verlag Desvelo die spanische Übersetzung dieses Textes, der von seiner irritierenden Wirkung auf den Leser nichts verloren hat.
An der Vorstellung nehmen Teil der Verleger, Javier Fernandez, die Übersetzerin, Luisa Guitérrez Ruiz und Pr. Juan Albarrán, von der Universität Castilla la Mancha, der das Vorwort geschrieben hat.


Um 20 Uhr stellten einem nicht sehr zahlreichen, vielleicht 15 oder wenig mehr Personen, Publikum der Verleger, die Übersetzerin und der Verfasser des Prologs das Werk vor, jeder aus seiner Sicht.

Nachdem Javier Fernández die Schwerpunkte seines kleinen Verlages El Desvelo ("Das Wachen") skizziert hatte, vermittelte Luisa Gutierrez Ruiz eine Vorstellung von der beinahe herkulischen Anstrengung, die der Versuch bedeutete, die Worte und Gedanken eines Dadaisten aus ihrer ursprünglichen Sprache ins Spanische zu übertragen:

Danach der Beitrag von Juan Albarrán, der versuchte, den literarischen und politisch-sozialen Kontext der Jahre zu erklären, während derer Serner an seinem Werk schmiedete:

Trotz meines "festen" Entschlusses, keine Bücher mehr zu kaufen (fehlenden Platzes in den Regalen wegen), ging ich mit einem Buch mehr davon ...

Donnerstag, 20. Oktober 2011

Aranda de Duero: Bahnhof ohne Züge

Die Bahnverbindung auf dem kürzesten Weg zwischen Burgos und Madrid (über Aranda de Duero) beschränkte sich bereits einige Jahre auf ein Zugpaar pro Tag (ein Zug von Burgos nach Madrid und einer von Madrid nach Burgos), so etwas wie ein Alibi-Zug.

Am 19.2.2010 stürzte ein Felsbrocken auf die Gleise und brachte einen von Aranda de Duero nach Burgos zum Entgleisen; wenigstens ohne daß dabei Personen zu Schaden gekommen wären.

Seit diesem Zeitpunkt war die Eisenbahnverwaltung nicht in der Lage, den Zugverkehr wiederherzustellen - nun gut, wir alle wissen, daß sie durchaus dazu in der Lage gewesen wäre, es aber nicht wollte, um dieser Strecke den endgültigen Todesstoß zu versetzen.

Heute komme ich am Bahnhof Aranda de Duero vorbei und sehe, daß größere Investitionen in die Verschönerung eines Bahnhofs gesteckt werden, durch den kein Zug mehr fährt.


Das Bahnhofsgebäude wie auch die Bahnsteige sind aufs beste renoviert worden:






Die Arbeiten machten Halt vor dem vor dem Güterschuppen, was freilich nicht zu bedauern ist, des sich dadurch bietenden nostalgischen Anblicks wegen:



Nachmittags lese ich im Diario de Burgos von einer Übereinkunft auf europäischer Ebene, bei der es um die Eisenbahnen geht, und sehe diese Karte, die das von dieser Übereinkunft widerspiegelt, was das Netz des Nordwesten Spaniens angeht:


Genau an dem geographischen Punkt, auf den der Pfeil zeigt, ist Aranda de Duero gelegen, und von einer Burgos mit Madrid direkt verbindenden Linie ist keine Spur zu sehen! Das heißt: Todesurteil über diese Eisenbahnstrecke, die der Entwicklung einer immer verlasseneren Region Spaniens dienen könnte ...

Montag, 17. Oktober 2011

Die Spur von Rafael Altamira

In Madrid, in der Aula der Universidad Complutense, die offizielle Eröffnung des internationalen Kongresses La huella de Rafael Altamira (Die Spur von Rafael Altamira), die gewichtigste Aktivität innerhalb des Año internacional Rafael Altamira (Internationales Jahr Rafael Altamira).

Der Saal läßt das Ambiente einer traditionsreichen Universität spüren:






Es präsidieren den Eröffnungsakt: Pilar Altamira, Enkelin von Rafael Altamira und diejenige, die das meiste Verdienst daran hat, daß die Erinnerung an ihren Großvater und seine große Bedeutung für die jüngere Geschichte Spaniens lebendig bleibt; ferner Federico Mayor Zaragoza, ehemals Generaldirektor der UNESCO, sowie José Carrillo (Mitte), Rektor der Universidad Complutense de Madrid.

Ein durch und durch akademischer Akt, mit starker Präsenz von Vertretern des universitären Bereichs sowie der spanischen Akademien; einige Vertreter der Diplomatie gibt es, gewiß, aber die Abwesenheit von Politikern (von Repräsentanten der in Spanien so genannten clase política) ist nicht zu übersehen. Auch ist die geringe Teilnahme der Öffentlichkeit zu bedauern: es kamen derart wenige, daß es für sie Platz in dem Bereich des Saals gab, der für eingeladene Gäste reserviert war.

Sehr gut gemacht und dokumentiert die Ausstellung zum Leben von Rafael Altamira (geboren 1866 in Alicante und gestorben 1951 in Ciudad de Méxiko), die im Anschluß an die Eröffnungsreden zu besuchen ist, in neben der Aula liegenden Räumen.- Hier ein äußerst kleiner Extrakt der Ausstellungstafeln, die die Lebensabschnitte von Altamira dokumentieren; von größter Bedeutung war die Mitarbeit in und sein Einfluß auf die Institución Libre de Enseñanza:




Anfang der zwanziger Jahre wurde er zum Richter beim Internationalen Gerichtshof in Den Haag ernannt; bereits 1933 wurde er für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen:




1936 dann der Militärputsch in Spanien, angesichts dessen er sich zum Verlassen des Landes schon 1936 gezwungen sieht, gleich zu Beginn des Bürgerkrieges:




Das Exil erlegt ihm viele Entbehrungen auf; siehe zum Beispiel diesen Zeitungsausschnitt aus dem Jahr 1942 - Rafael Altamira schafft es nicht, aus Bayonne herauszukommen, wo er beinahe des Hungers stirbt:




Bis er schließlich 1944 die Erlaubnis bekommt, über Lissabon seinen Zufluchtsort Bayonne mit dem Ziel des amerikanischen Kontinents zu verlassen - R. Altamira ist vor den Nazis gerettet:




... wo er sich in Méxiko niederläßt, in dessen Hauptstadt er 1951 stirbt.

Wie ich schon sagte: was ich hier unterbrachte ist alles andere als auch nur eine kleine Reportage der ausführlichen biographischen Ausstellung zu Rafael Altamira: schade, daß - soweit ich es weiß - diese Ausstellung nicht im Internet zugreifbar ist (womit sie - mit Blick auf andere Ausstellungen - eher fortfährt, einer Regel zu folgen als eine Ausnahme zu bilden).

Donnerstag, 6. Oktober 2011

Pico del Lobo

Jahre schon - Jahrzehnte! - sehe ich von dem Dorf aus, in dem ich zeitweise wohne, am südlichen Horizont den Pico del Lobo, der als Teil der Sierra de Guadarrama mit einer Gipfelhöhe von 2273 m herausragt. Und wissend, daß er im Prinzip ziemlich gut zugänglich ist, dauerte mein Traum, ihn zu besteigen, fast ebensoviel Jahre.

Gestern entschloß ich mich endlich zum Aufstieg, weil der Wetterbericht für heute noch sommerliche Temperaturen voraussagte, während für den folgenden Tag ein heftiger Abfall der Temperaturen um 8 Grad angekündigt wurde, das heißt: der Übergang vom Sommer zum Herbst.

Im Prinzip wird Dir der Aufstieg zum Pico del Lobo durch die Straße von Riaza nach Majaelrayo, die über den Puerto de la Quesera mit etwas über 1700 m führt, ziemlich leicht gemacht.- Ich stellte das Auto in der Straßenkurve ab, die man von oben, nachdem man ein kleines Stück des Weges zum Gipfel zurückgelegt hat, sieht:

Vorwärts blickend bekommt man einen kleinen Schreck angesichts dessen, was einen an Weg erwartet, und vor allem an Anstiegen:

Weil das Ziel wrklich das ist, das man im Hintergrund der Photographie sieht, und weil es nicht nur bergauf geht - es gibt zwischendurch ziemliche Bergab-Stücke, die es dem Körper wohlgehn lassen, bei denen der Kopf aber weiß, daß all die Meter, die man beim Bergab verliert, hinterher wieder reingeholt werden müssen ...

Mit diesem Hindernis hatte ich freilich nicht gerechnet: nach einer guten Stunde, in der ich kein einziges Lebewesen mit zwei oder vier Beinen gesehen hatte, tauchten auf meinem Weg plötzlich 3 Rinder auf, die mir etwas Furcht einflößten; hier zwei von ihnen:

Ich machte einen großen Boden, um den Abstand zu den Tieren nicht zu klein werden zu lassen; aber es passierte nichts, sie beschränkten sich darauf, mich aufmerksam zu betrachten, ohne den geringsten Ansatz zu machen, mich in Furcht zu versetzen.

Trotzdem war ich ruhiger, als ich sie etwas später mit einem Blick zurück friedlich weidend sah:

Unterdessen ist das Ziel schon nähergerückt:

Aber noch bleibt ein gutes Stück Weg:

Schon ganz nah am Gipfel begegnet einem Versuch, diesen Berg den Skiläufern zu öffnen (in den 60er Jahren etwa), ein Überbleibsel einer Seilbahn; hier, in seiner Gegenüberstellung zur Naturlandschaft durchaus von gewisser Ästhetik (aber später auf dem Gipfel schrecklich häßlich):

Nach 2 3/4 Stunden gelange ich schließlich zum Gipfel, und während meines Mittagspicknicks genieße ich die Aussicht auf die umliegenden Berge:

Zu Beginn des Abstieges und beim Blick auf die sich im Norden erstreckende Meseta raubt einem der Anblick der Ruinen der bereits erwähnten Seilbahn ein wenig den Genuß:

Am Fuß der Ruinen steht auf einmal ein Hund neben mir:

Er macht einen sympathischen und nicht aggressiven Eindruck, aber das weißt Du ja nicht in dem Augenblick, in dem er neben Dir auftaucht und Dich anbellt ...

Gleichzeitig nehme ich wahr, daß es auch einige Schafe am Fuß der Ruinen gibt, was mich die Furcht vor dem Hund verlieren läßt (obwohl ich nirgends einen Schäfer sehe), und setzte den Abstieg fort, dabei auf mindestens 500 m von besagtem Hund begleitet ...